Die Ermitage – ein Ort voller Geheimnisse

Im kleinen Tal hinter Arlesheim befindet sich der älteste Landschaftsgarten der Schweiz – ein wunderbares Ausflugsziel

Es war Balbina von Andlau, die Gattin des Obervogts über Pfeffingen und Birseck, die vor über 200 Jahren, zusammen mit dem Domherrn Heinrich von Ligertz, die Idee zur Ermitage verwirklicht hat. Man stand kurz vor der französischen Revolution, als man erstmals auch eine ‚Erziehung des Volkes‘ ins Auge fasste im Sinne der Natur-Ideen des Jean Jacques Rousseau.
In England gab es schon lange diese erholsamen Gärten, die völlig im Gegensatz standen zur strengen Geometrie der französischen Gartenanlagen, wie sie als Abbild von Versailles damals Mode waren. In Arlesheim kam die Natur den Erbauern besonders entgegen: Bach, Grotten, Mühle und Mühleteich waren ja schon vorhanden, und der Schlossfelsen mit seinen natürlichen Höhlen musste nur noch durch Pfade zugänglich gemacht werden. 1785 war das Werk vollendet und erlangte grosse Berühmtheit.

Die französische Kaiserin zu Besuch

Unter den Besuchern, die zu diesem Feengarten wallfahrteten, war sogar die französische Kaiserin. Die Idylle währte allerdings nur kurz; die französische Revolution brach aus, und der Vogt und die Domherren von Arlesheim brachten sich in Sicherheit. Als am 10. August 1792 die revoltierenden Soldaten und Bauern das Schloss Birseck anzündeten, wurde auch die Ermitage zerstört.
1808, als die Revolutionswelle verebbt war, kehrte Conrad von Andlau, der Sohn des Vogts und der Balbina von Andlau, nach Arlesheim zurück und stellte die Anlage mit Hilfe des greisen Heinrich von Ligertz wieder her. Zur neuen Attraktion wurde jetzt die Burg Birseck, deren Hof mit Hecken und exotischen Bäumen bepflanzt wurde. Anstelle der Naturphilosophie war jetzt die Ritterromantik getreten.

Kraftpunkt bei der Schlossruine

Tritt man heute bei der Mühle durch das Felsentor in die Ermitage ein, so öffnet sich in der Höhle eine Felsentreppe, die nach oben zum Licht führt. Kleine Irrwege necken hier den überraschten Spaziergänger. Sie führen zur prähistorischen Höhle, die bereits in der Steinzeit bewohnt war. An die zweitausend Fundgegenstände zeugen aus einer Zeit bis um 12'000 v.Chr.
Geheimnisvoll glucksen die Rinnsale über die moosigen Felsen beim Salamanderteich. Man steigt auf zur Grotte, dicht daneben lehnt die Klause des Waldbruders an die Felswand. Eine echte Einsiedelei ist das nie gewesen – die Idee entsprang vielmehr dem Wunsch nach einem „Zurück zur Natur“. Entsprechend daher der Sinnspruch, eingehauen in die Felswand: <O beata solitudo – o sola beatitudo>‘.
Der Pfad führt zu einem grossen Holzstoss, der sich als Aussichtsstube entpuppt. Weiter kommt man zur Felsenkluft, ursprünglich <Grotte der Diana> genannt. Auf der Rotunde reicht der Blick über das ganze Birseck bis zur Ruine Landskron. Der <Temple rustique> lädt zum Verweilen ein. Hier, am Aufgang zur Ruine des Schlosses befindet sich ein ausserordentlicher Kraftpunkt, wie Blanche Merz in ihrem Buch “Orte der Kraft in der Schweiz“ schreibt – er sei so intensiv, dass man da zwar innehalten, aber nicht allzulange bleiben solle. Mehr über die Ermitage erfährt man auch in Band 1 der „Mythischen Orte am Oberrhein“ (CMS Verlag Basel) und Anregung zu weiteren Ausflügen mit Velo- und Wanderwegen auf www.mythische-orte.eu .

Weiher und Dreiröhrenbrunnen

Beim Abstieg zu den Weihern stösst man auf die eingemeisselte Leier bei der Apollogrotte. Eine Hieroglyphentafel mit wunderlichen Zeichen hält den Beschauer fest mit ihrem Bilderrätsel – ein Überbleibsel vom Weisheitstempel, der hier früher stand. Das Glanzstück des Gartens war ursprünglich die Grabesgrotte. Sie war Proserpina, der Göttin der Unterwelt geweiht und wurde später zur <Auferstehungsgrotte> umgetauft. Hier steht das Grabmal Balbinas von Andlau aus dem Jahr 1798.
Auf dem Weg zu den Weihern kommt man am Denkmal für den französischen Dichter J. Delille vorbei, dem Übersetzer von Virgil, der es eindrücklich verstanden hatte, die Schönheiten der Natur zu preisen. An der früheren Ölmühle führt der Weg vorbei zum Dreiröhrenbrunnen, der um 1870 erstellt worden ist. So hat jede Zeit ihre Spuren hinterlassen, und es ist kein Zufall, dass wir gerade heute wieder besonders empfänglich sind für die Leitidee, die der Ermitage zugrunde liegt.

Edith Schweizer-Völker
Fotos: Martin Schulte-Kellinghaus

Anfahrt:
Tram bis Arlesheim Dorf, 5 Gehminuten über Dorfplatz und Dorfgasse bis zur Ermitage. Die Waldbruderklause und das Schloss Birseck sind zur Zeit wegen Corona geschlossen.


Der Dreiröhrenbrunnen

Der Dreiröhrenbrunnen ((Detail)

Der Weiher im Herbst

Bei der ehemaligen Ölmühle

Edith Schweizer-Völker Ermitage 9-2020