Liebes Mozaik-Team,
Ich lebe seit August 2019 in Klein Basel. Ich bin Ausländer, möchte aber Deutsch lernen. Deshalb habe ich diesen Januar einen Deutschkurs am Goethe-Institut Freiburg angefangen.

Wegen der Koronakrise musste ich meinen Kurs verlassen. Trotzdem habe ich versucht, etwas auf Deutsch zu schreiben und meine Grammatik zu üben.
Ich habe 2 Gedichte geschrieben, eines ist lustig und das Thema ist Nachbarschaft. Der andere ist traurig, aber hat mir beim Präteritum sehr geholfen. Beide erklären mein Denken in dieser seltsamen Zeit.

Ich möchte mit Ihnen teilen.
VG Koshika
(Schonaustrasse, Basel)
 
Gedicht 1

Die Quarantäne hat mich zum Voyeur gemacht 

Das habe ich nie gedacht
Leider die Quarantäne hat mich zum Voyeur gemacht
Vorher habe ich mich über meine Nachbarn beschwert
aber ich habe sie nie bemerkt
Das Leben anderer ist interessanter
Obwohl nicht signifikanter
Als wie viel Klopapier noch übrig ist.
Vor allem hilft es nicht,
dass das Fenster weit geöffnet ist
und dadurch kann ich alles sehen
was sie tun und wohin sie gehen
von der Küche ins Wohnzimmer
jedoch nicht das Schlaf- oder Badezimmer
dafür bin ich dankbar
Ich habe immerhin Standards, das ist klar.
Ich sehe sie essen, reden, ruhig bleiben
und ich frage mich immer, was sie wirklich denken
Fühlen sie sich glücklich, müde, einsam oder alles?
In dieser Komischen Zeit trage ich meinen Teil dazu bei
und lass mein Fenster offen frank und frei
Vielleicht sehen wir uns eines Tages
als Menschen und nicht nur Images.
 
 
Gedicht 2

Einsamkeit 

Ich dachte an niemanden 
Niemand dachte an mich
Ich aß mit niemanden
Niemand aß mit mir
Ich sah niemanden an 
Niemand sah mich an 
Ich trank mit niemandem
Niemand trank mit mir 
Ich kochte für niemanden
Niemand kochte für mich
Ich erinnerte mich an niemanden
Niemand erinnerte sich an mich
Ich half niemandem 
Niemand half mir
Ich verbrachte Zeit mit niemandem
Niemand verbrachte Zeit mit mir
Wahrscheinlich bin ich der Niemand im Leben anderer Menschen

Koshika 9-2020 Poesie Corona