Was heisst preisgünstig wohnen?

Der Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen ist eines der drängendsten Probleme, das die Städte haben. Die Immobilienbranche behauptet zwar fortlaufend, dass sie die Bedürfnisse des Marktes kenne und preisgünstige Wohnungen anbiete. Aber das ist ein Etikettenschwindel. Weshalb sonst müsste der Kanton Mietzinsbeihilfen ausrichten und günstige Wohnungen bauen?

Wenn wir eine Wohnung suchen, so schauen wir auf Lage, Grösse und Ausstattung. Am Schluss spielt wohl aber die Miete eine ausschlaggebende Rolle. Können wir sie bezahlen? Wenn ja, nehmen wir die Wohnung, wenn nein, suchen wir weiter. Glücklich, wer eine bezahlbare oder eventuell sogar eine preisgünstige Wohnung gefunden hat. Aber wie sieht das in fünf, zehn oder 20 Jahren aus? Ist die Miete dann immer noch so günstig?Viele Mieterinnen und Mieter nicht nur in Basel erfahren das Gegenteil.

Sie erhalten die Kündigung für ihre günstige Wohnung, weil die Liegenschaft «saniert» oder gar «totalsaniert» wird. Nach der Renovation können sie in ihre angestammte Wohnung zurückkehren – wenn sie sich die plötzlich viele höhere Miete leisten können. Für viele ist die «Bezahlbarkeit» dann aber nicht mehr gegeben, und sie müssen sich etwas Günstigeres suchen. Wir alle kennen das – die Basler OnlineZeitung «Bajour» dokumentiert die Entwicklung mit dem Massenkündigungsticker.

Dieses Vorgehen der grossen Immobilienfirmen – meistens sind es ja nicht private Besitzer*innen von ein oder zwei Mietshäusern – ist in der Regel legal. Sie halten sich an die Vorgaben und die Möglichkeiten des Mietrechts. Allerdings ist für sie das Mietrecht längst ein Mittel zum Zweck: Sie wollen mit Liegenschaften und Wohnungen Geld verdienen. Dies gilt auch für die Pensionskassen, die mit den Immobilienrenditen möglichst viel Geld aus ihren Häusern herausnehmen müssen, um die Renten zu zahlen.

Es gibt Alternativen

Als Mieterinnen und Mieter müssen wir das jedoch nicht hinnehmen. Die Hebel für eine Änderung in unserem Interesse lauten «Kostenmiete» und “Gemeinnützigkeit”. Mit der Initiative «Basel baut Zukunft» können wir diese Hebel nutzen. Kostenmiete: Für Immobilienbesitzerinnen und besitzer gibt es grundsätzlich zwei Modelle, wie sie die Miete berechnen können: die Marktmiete und die Kostenmiete. Wie es deren Name sagt: Die Marktmiete richtet sich (in gewissen Grenzen)
nach dem, was auf dem Wohnungsmarkt möglich ist. Die Kostenmiete beruht auf den tatsächlichen Kosten für den Bau und Unterhalt sowie die Werterhaltung einer Liegenschaft. Marktmieten steigen auch aus diesem Grund stärker als Kostenmieten. “Als gemeinnützig gilt eine Tätigkeit, welche nicht gewinnstrebig ist und der Deckung des Bedarfs an preisgünstigem Wohnraum dient”, heisst es im Wohnraumförderungsgesetz. Gemeinnützige Bauträger können Genossenschaften, Stiftungen, Vereine oder Aktiengesellschaften sein. Gemeinsam ist ihnen: Sie dürfen keine Dividenden ausschütten und die Mietzinse werden in der Regel vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) geprüft. Alle Erträge bleiben in der Organisation und somit in den Häusern. Sie werden zum Beispiel für Renovationen und Neubauten auf die Seite gelegt. Genossenschaften haben überdies den grossen Vorteil, dass die Mieterinnen und Mieter Mitbesitzer*innen sind. Sie entscheiden auch darüber, was in die Liegenschaft investiert wird. Sie haben eine hohe Wohnsicherheit (Kündigungsschutz), Mitsprachemöglichkeit und ein selbstbestimmteres Wohnen. Gemäss Basler Mietpreisraster sind die genossenschaftlichen Mieten 30 Prozent tiefer als die übrigen Mieten. Das genossenschaftliche Wohnen ist somit ein dritter Weg zwischen Eigentum und Miete. Es sichert echt preisgünstigen Wohnraum über Generationen, ohne dass Dritte ständig Rendite abziehen und von den explodierenden Bodenpreise profitieren.

Kernforderung von «Basel baut Zukunft»

Die Initiative «Basel baut Zukunft» verlangt, dass auf der Hälfte von umgenutzten Arealen wie dem Klybeck gemeinnützige Bauträger zum Zug kommen. Und dass diese dauerhaft die Kostenmiete anwenden müssen. Die Initiative sorgt für Klarheit; sie füllt Begriffe wie „bezahlbar“ und «preisgünstig» mit Fakten und Verbindlichkeit. Und sie entzieht den Boden und die Immobilien darauf der Spekulation, wenigstens teilweise. Die Rhystadt AG und die Swiss Life versprechen natürlich auch, dass sie preisgünstige Wohnungen anbieten werden. Ein Drittel fürs kleine, ein Drittel fürs mittlere und ein Drittel fürs dicke Portemonnaie, lautet ihre Zauberformel. Aber auf die politische Diskussion darüber, was das genau heisst und wie das bewerkstelltigt werden kann, lassen sie sich nicht ein. Stattdessen unterstützen sie drei Stimmberechtigte bei einer Klage gegen die Initiative. Das Verfassungsgericht soll «Basel baut Zukunft» für ungültig erklären und somit der Volksabstimmung entziehen. Das Gerichtsverfahren ist im Gang. Die Investoren gehen im Gerichtsverfahren gemäss eines Gutachtens des Beratungsunternehmens Wüest Partner davon aus, dass die künftigen Wohnungen im Klybeckareal einen QuadratmeterPreis pro Jahr von 290 Franken als Marktmiete erreichen. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Kostenmiete im Neubau liegt bei rund 220 Franken.Wer vor dem kantonalen Verfassungsgericht «verliert», kann ans Bundesgericht gelangen. Der Prozess könnte so noch bis ins 2022 dauern. Und vielleicht ist diese Verzögerung ja auch das eigentliche Ziel der Kläger und ihrer Hinterleute.

Matthias Brüllmann

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MatthiasBrüllmann 3_2021 Klybeck Stadtentwicklung Wohnen