Klybeckplus – Hafenstadt – Entwicklungsvision 3 Land: Der Kanton befragt die Quartierbevölkerung

Befragung 2015 ergab Mehrheit für «Vogelinsel»

Der Kanton hat rund um die Quartiere Klybeck und Kleinhüningen grosse Pläne für die Stadtentwicklung. Alle 4‘749 Haushalte der beiden Quartiere wurden im 2015 und diesen Sommer nach Ihren Bedürfnissen und Wünschen gefragt. Die Befragung 2015 ergab erstaunlich klare Ergebnisse, und die Entwicklungen in den letzten fünf Jahren haben die Handlungsmöglichkeiten für Alternativzenarien in der Entwicklung von Basel Nord erweitert.

In den vergangenen Wochen haben alle Haushalte im Klybeck und in Kleinhüningen Post vom Präsidialdepartement bekommen. Das statistische Amt und die Stadtentwicklung wollen wissen, wie sich die Quartierbevölkerung fühlt und was sie sich für die kommenden Quartierentwicklungen wünscht. Damit auch die Meinung der nicht-deutschsprechenden BewohnerInnen abgeholt werden kann, arbeitet der Kanton mit interkulturellen VermittlerInnen zusammen, welche beim Ausfüllen des Fragebogens unterstützen. Zudem gibt es nicht nur eine Auswahl an vorformulierten Antworten, sondern auch Textfelder für besonders wichtige persönliche Anliegen. Soweit so gut und erfreulich.

Bereits im 2015 hatte der Kanton die Befindlichkeit und Wünsche der BewohnerInnen abgefragt. Die Ergebnisse sind hier und sind zum Grossteil nicht überraschend: Die BewohnerInnen schätzen die Lebensqualität im Quartier als mittelprächtig ein, sie urteilen pragmatisch (grosse Zufriedenheit mit der Anbindung an den öffentlichen Verkehr und den Einkaufsmöglichkeiten) und geben sich ansonsten mit wenig zufrieden. Persönliche Aussagen wurden 2015 nicht erfasst, aber Zustimmungswerte zu vorformulierten Aussagen wurden ermittelt.

Zum Beispiel so ...!

Grün- und Freiflächen

Ergebnis: Am Wichtigsten bei der Hafenentwicklung war den BewohnerInnen von Klybeck und Kleinhüningen im 2015 «Grün- und Freiflächen», «Zugang zum Rheinufer», «Fuss-&Velowege» (viel wichtiger, als z.B. Freizeitangebote, Restaurants, oder Brücken nach Deutschland und Frankreich, und auch wichtiger als «Wohnraum»). Die grösste Zustimmung bekommt die Aussage „Das Hafengebiet ist gut geeignet als Naturpark mit Liegewiesen, Badestellen und Gartenflächen (Urban Gardening)“. 50% der Quartierbewohnerinnen machten ihr Kreuz bei «stimmt völlig», weitere knapp 30 % bei «stimmt eher».

Wer im Klybeck oder in Kleinhüningen lebt, hat im Durchschnitt der Basler Quartiere am wenigsten Wohnraum pro Mensch zur Verfügung, private Gärten sind rar, die finanziellen Möglichkeiten bescheiden. Im Sommer staut sich die Hitze zwischen den Häusern. Nicht nur ein paar schräge Vögel wünschen sich daher für das Areal zwischen dem Quartier und dem Rhein eine «Vogelinsel», für die Mehrheit der Bevölkerung ist ein Naturpark das wichtigste Anliegen!

Wie haben in den vergangenen fünf Jahren Verwaltung und Politik auf dieses klar zum Ausdruck gebrachte Anliegen reagiert? Gar nicht – müssen wir leider konstatieren. Viel Befragung für nichts. Weder im städtebaulichen Konzept «Eine Stadterweiterung am Rhein» (2019) noch im Richtplan wird das wichtigste Anliegen der Quartierbevölkerung angesprochen, geschweige denn in ein Konzept einbezogen. Obwohl sich seit 2015 die Handlungsmöglichkeiten für Alternativszenarien erweitert haben. Denn in unmittelbarer Nachbarschaft zum Klybeck-Quartier hat sich in der Zwischenzeit konkretisiert, dass mit dem Areal «klybeckplus» ein zweites Entwicklungsgebiet städtebaulich bespielt werden kann. Das Alternativszenario liegt auf der Hand: Mit einem verdichtet bebauten «klybeckplus» und einem grünen Klybeckquai können sowohl das Anliegen nach mehr Wohn- und Arbeitsraum wie auch jenes nach mehr Naturraum berücksichtigt werden.

... und nicht hinten und vorne dicht!

Richtplan im Grossen Rat

Nach der Sommerpause wird der Richtplan im Grossen Rat zur Debatte stehen. Das Parlament wird über das Budget für die weitere Planung zu entscheiden haben. Die IG Klybeckinsel, die Plattform für die Vernetzung der Engagierten im Klybeck und in Kleinhüningen, fordert im Hinblick auf diesen Entscheid:

Der Richtplan für Klybeck und Kleinhüningen bzw. die städtebaulichen Szenarien sind zur Überarbeitung an das Planungsamt zurück zu weisen. Ein Budget für die weitere Planung wird erst gesprochen, wenn für den Klybeckquai ein alternatives Szenario mit einem Schwerpunkt „Naturpark mit Liegewiesen, Badestellen und Gartenflächen (Urban Gardening)“ vorliegt. Der «Gleispark» im Schatten von Neubauten, wie er in den aktuellen Szenarien vorgesehen ist, stellt keine solche Alternative dar!

Claudia Studer, IG Klybeckinsel
www.klybeckinsel.ch

CLaudia Studer Hafen 9-2020 Stadtentwicklung